KINDER SCHÜTZEN, WENN POLITIK, ARMUT UND PANDEMIE AUFEINANDERTREFFEN

Die Straßen von Bamako sind chaotisch, Menschenmassen strömen schreiend, Schilder schwenkend und singend hier entlang. In der Ferne ertönt das Echo der Geschützfeuer. Die unsichere Atmosphäre auf den Straßen kommt zu einer Zeit, in der die Besorgnis über die Verbreitung von COVID-19 zunimmt. Für viele Kinder ist es eine schreckliche Zeit.

2020 hat Krise um Krise nach Mali gebracht. Im März veranstaltete das Land hart umkämpfte Parlamentswahlen, denen gerichtliche Anfechtungen, weit verbreitete Proteste und politische Gewalt folgten. Das unruhige Auf und Ab gipfelte im August in einen Putsch des Militärs, das den Präsidenten entmachtete und die gewählte Regierung durch eine Junta ersetzte. Unter internationalem Druck und Sanktionen verpflichtete sich die Junta zur Schaffung einer neuen Zivilregierung, doch die Proteste füllen weiterhin die Straßen des Landes.

JAHRELANGE BEMÜHUNGEN HABEN DAZU GEFÜHRT, DIE ZAHL DER KINDER MIT ABGESCHLOSSENER GRUNDSCHULAUSBILDUNG DEUTLICH ZU ERHÖHEN, ABER DIE INSTABILIE LAGE DIESEN JAHRES DROHT GROSSE TEILE DIESER ARBEIT ZUNICHTE ZU MACHEN.

Mali ist eines der ärmsten Länder der Welt. 45% der Bevölkerung leben in extremer Armut und 66% der Bevölkerung, darunter 78% der Frauen, können nicht lesen. Das Gesundheitswesen ist für den größten Teil der Bevölkerung schwer zugänglich, wenn es überhaupt verfügbar ist. Und Sicherheitsvorkehrungen wie das Befolgen von Lockdown Restriktionen und Ausgangssperren können für Pächter aus dem Umland, die meist keine Ersparnisse haben, Einkommensverluste und damit Hunger bedeuten.

Kinderarbeit ist allgegenwärtig, insbesondere bei Kindern, die die Schule abgebrochen haben. 55% der Kinder arbeiten in irgendeiner Form und jedes dritte Kind in Mali arbeitet, anstatt zur Schule zu gehen. Right To Play arbeitet seit Jahren mit Familien und Gemeinden zusammen, um Kindern dabei zu helfen, der Kinderarbeit zu entkommen und zur Schule zu gehen, damit sie eine Ausbildung und eine Chance auf eine bessere Zukunft erhalten. Jahrelange Bemühungen haben dazu geführt, dass immer mehr Kinder ihre Grundschulausbildung abschließen. Die instabile Lage droht große Teile dieser Arbeit zunichte zu machen.

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Kinder in der Krise schützen

Seit 2012 arbeitet Right To Play mit lokalen Gemeinden zusammen, um die Rechte der Kinder zu schützen und Jungen und Mädchen dabei zu helfen, ihre Ausbildung abzuschließen. Das Jam-Suka-Programm hilft Kindern, aus der Kinderarbeit herauszukommen und zur Schule zurückzukehren, sich vor einer frühen Schwangerschaft zu schützen oder sich einer Kinderehe zu widersetzen und unterstützt die Kinder, ihr Recht auf Abschluss ihrer Ausbildung geltend zu machen. Allein im Schuljahr 2019/20 half das Programm 1.282 Kinderarbeitern, der Arbeit den Rücken zu kehren und mit der Schule zu beginnen.

Jam Suka gründet Kinderrechtsclubs in Schulen, die sogenannten „Kinderparlamente“, um Kindern ihre Rechte beizubringen und Möglichkeiten aufzuzeigen, für sich selbst einzustehen. Die Kinderparlamente werden mit ausgebildeten Lehrern zusammengebracht, die die Teilnehmer unterstützen und ihre Stimme stärken. Diese Clubs helfen dabei, ihre Gemeinden durch öffentliche Aufführungen zu sensibilisieren, bei denen Eltern und Älteste über die Bedeutung der Kinderrechte aufgeklärt werden, einschließlich des Werts der Bildung, der Gefahren der Kinderarbeit und des Rechts der Mädchen auf ein Leben frei von Misshandlungen.

Durch den Beginn der Pandemie wurden diese wichtigen Programme gefährdet. Unser Team reagierte schnell, wechselte zu Remote-Methoden und richtete Online- und Mobil-Netzwerke ein, die sicherstellten, dass Kinder während des Lockdowns weiterhin Verbindungen und Unterstützung hatten. Fernkontakt bedeutet, dass sich die Kinder trotz Ausgangssperren oder Protesten weiterhin gegenseitig unterstützen können, eine direkte Verbindung zu ihrem Lehrer aufrechterhalten und Probleme melden können, wenn sie auftreten. Dieselben Netzwerke wurden auch zur Übertragung von Schulstunden verwendet, um die Lernunterbrechung für die Kinder während der Schulschließungen zu minimieren.

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Zusätzlich zu diesen Netzwerken entwickelte unser Team lokale Radiosendungen, die die Aufgabe übernahmen, die Gemeinden zu sensibilisieren als die Pandemie und das politische Chaos dazu führten, dass öffentliche Auftritte nicht mehr möglich waren. Die Sendungen helfen dabei, traditionelle soziale Normen zu diskutieren und die Kinder mit Beispielen und Gesprächsthemen auszustatten, um sich leichter für ihre Rechte einsetzen zu können. Die Sendungen haben im Jahr 2020 über 1,7 Millionen Menschen in Mali erreicht.

Währenddessen arbeitete das Programmteam von Right To Play auch unermüdlich daran, Kindern Hygieneunterricht anzubieten, um ihnen beizubringen, wie sie sicher und gesund bleiben können. Angesichts der minimalen Gesundheitsinfrastruktur in Malis Landgebieten, ist Prävention ein wichtiger Weg, um die Ausbreitung von COVID-19 zu unterdrücken.

Was noch vor uns liegt

Unser Ansatz, Kindern beim Wiedereintritt in die Schule zu helfen, die aufgrund von Rechtsverletzungen wie Kinderarbeit oder Heirat die Schule abgebrochen haben, besteht darin, sie in aktiv in ein beschleunigtes, spielbasiertes Lernprogramm einzubinden. Dieses Programm gleicht versäumte Lektionen aus und entwickelt die kognitiven und akademischen Fähigkeiten der Kinder weiter auf ein altergemäßes Niveau.

Seit der Wiedereröffnung der Schulen in Mali Mitte September arbeiten wir daran, Kinder, deren Lernen von der Kinderarbeit unterbrochen wurde, in diese beschleunigten Lernprogramme zu bringen. Wir verstärken unsere Aktivitäten in der Region Bandiagara, wo derzeit Tausende von Menschen, die durch Krieg und Unruhen vertrieben wurden, Zuflucht suchen.

Für diese Kinder sind akzelerierte Lernprogramme wie die von uns angebotenen ihre einzige Chance, wieder zur Schule zu gehen und ihre Ausbildung abzuschließen, was ihnen Möglichkeiten eröffnet, die sonst für immer verloren gehen.

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Seit 2016 wird das Jam Suka-Programm von Right To Play in Mali durch Global Affairs Canada finanziell unterstützt. Jam Suka setzt sich dafür ein, den Kinderschutz in Mali zu verbessern, insbesondere für Mädchen in Krisenzeiten