Wie Inklusion in Burundi gelingt: MAMERTES GESCHICHTE
Auf einem offenen Feld aus trockener roter Erde, umgeben von den grünen Bäumen von Gisuru, Burundi, tanzen Kinder im Kreis, halten sich an den Händen und singen ein Lied. Um sie herum versammeln sich mehr als hundert andere, die aufmerksam zuschauen und zuhören.
Die kleine Gruppe im Zentrum besteht aus Mädchen eines Right To Play Girls Club. Sie singen ein Lied, das von Bildung für alle handelt.
Die vierzehnjährige Mamerte gehört dazu.
Sie lächelt und lacht, während sie singt, auch wenn sie sich etwas langsamer bewegt. Mamerte wurde mit einem Klumpfuß geboren. Ihre beiden Füße drehen sich nach innen und unten. Sie hat Schmerzen beim Laufen und auch beim Tanzen.
Leider glauben viele Menschen, dass Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen nicht in die Schule gehören. Sie sehen die Behinderung als Schande für ihre Familie an. Sie sagten Mamerte, sie solle zu Hause bleiben, damit keiner sie sieht. Aber Mamerte weigert sich. Sie gibt dem Druck sozialer Stigmatisierung nicht nach. Stattdessen ermutigt sie alle Kinder, insbesondere Kinder mit Behinderung, ihr Recht auf Bildung einzufordern.
DISKRIMINIERUNG von Kindern mit Behinderung in Burundi
Mamerte hat bereits viele Schwierigkeiten gemeistert. 2015 bis 2020 herrschte in Burundi politische, soziale und wirtschaftliche Instabilität. Mamertes Familie war unter den 400.000 Menschen, die in Nachbarländer fliehen mussten. Fünf Jahre verbrachten sie in einem Flüchtlingscamp in Tansania. Die Rückkehr nach Burundi im Jahr 2020 war hart. Mamertes Eltern konnte keine Arbeit finden und sich für Mamertes empfindliche Füße nicht einmal Schuhe leisten.
"Ich konnte für Mamerte keine Schuhe kaufen." - Oscar, Mamertes Vater
Burundi liegt auf Platz 187 von 191 des Human Development Index. Die UN schätzt, dass 70% der Menschen, die nach der Flucht nach Burundi zurückkehren, nur eine Mahlzeit am Tag essen. 50% der Kinder, die geflohen und zurückgekehrt sind, besuchen keine Schule. 1,9 Millionen Kinder zwischen vier und 19 Jahren haben keinen Zugang zu Bildung. 15% dieser Kinder leben mit einer Behinderung. Armut, unzureichende Infrastruktur, schlechte Lehrerausbildung, geschlechtsspezifische Gewalt, Schwangerschaft und Frühverheiratung tragen zu hohen Schulabbrecherquoten bei. Dies gilt insbesondere für Mädchen: nur eines von fünf besucht die Sekundarschule.
Zusätzlich zu diesen Herausforderungen sind Kinder mit Behinderung Diskriminierung und sozialer Stigmatisierung ausgesetzt, die sich stark auf ihr Selbstwertgefühl auswirken. Die meisten Schulen sind nicht barrierefrei und erschweren Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen den Zugang zum Klassenzimmer. Ohne spezielle Schulungen für Lehrpersonal, ihren Unterricht inklusiver und integrativer zu gestalten, fällt es Kindern mit Behinderung schwer am Unterricht teilzunehmen.
Spiele ermöglichen inklusiven Unterricht
Seit 2020 arbeitet Right To Play mit Schulen in Tansania und Burundi zusammen, damit Kinder wie Mamerte Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten. Das Projekt My Education, My Future schult Lehrkräfte darin, spielbasierte Lernmethoden in ihren Unterricht zu integrieren. Denn diese ermöglichen es allen Kindern, unabhängig von Geschlecht oder Fähigkeit, etwas zu lernen. Die Trainings inspirierten Mamertes Lehrer Louis, Spiele im Unterricht einzusetzen.
"HEUTE FÜHLE ICH MICH IN DER SCHULE WOHL. MEINE Lehrer KÜMMERN SICH UM MICH WIE ALLE ANDEREN." - MAMERTE, 14
"Durch Right To Play Schulungen haben wir gelernt, Kinder mit Behinderung besser in den Unterricht zu integrieren", sagt Louis stolz. "Vor den Trainings war das schwieriger und Mamerte wurde ausgeschlossen. Aber jetzt fühlt sie sich wertgeschätzt und beteiligt sich wie andere Kinder."
Mamerte hat nun sehr gute Noten. Die Spiele haben ihr ein stärkeres Gefühl der Zugehörigkeit gegeben.
Right To Play Girls Clubs
Mamerte hört nicht auf Leute, die sagen, dass sie nicht in die Schule gehört. Sondern ermutigt andere Kinder, ihr Recht auf Bildung einzufordern. Sie ist aktives Mitglied in einem Girls' Club, der von Right To Play unterstützt wird. Dort binden Führungskräfte Mädchen in Aktivitäten ein, die sie über ihre Rechte, die Gleichstellung der Geschlechter sowie die sexuelle und reproduktive Gesundheit informieren. Die Clubs sind ein sicherer Ort, an dem Mädchen Probleme der lokalen Jugend diskutieren und sich für Veränderung an ihrer Schule oder in ihren Communities einsetzen.
Mamerte war Teil einer Kampagne, die Eltern darauf aufmerksam machte, wie wichtig Bildung gerade für Mädchen und Kinder mit Behinderung ist. Sie erzählte ihre Geschichte, um Stigmata zu beseitigen, denen sie ihr ganzes Leben lang ausgesetzt war.
„WENN EIN KIND EINE AUSBILDUNG HAT, ist es VON GROßEM WERT FÜR sein LAND.“ -MAMERTE
Durch die Arbeit von über 60 Clubs und 300 ehrenamtlichen Community-Helfern verändern sich langsam Einstellungen und Perspektiven.
Im September 2022 wurden 752 Kinder in der Region Gisuru, die die Schule abgebrochen hatten, aufgrund von Kampagnen wieder aufgenommen. Eine Studie von My Education, My Future zeigt, dass sich nun 69% der Mädchen in der Lage fühlen, Entscheidungen über ihre Ausbildung zu treffen, verglichen mit 8% zu Beginn des Programms. Außerdem gaben 68% der Eltern und Betreuer:innen an, für das Recht von Kindern mit Behinderung auf einen Schulbesuch einzustehen, gegenüber 14% zu Beginn des Programms.
My Education, My Future ist ein Programm, das den Zugang zu und die Qualität von Bildung für Kinder im Grundschulalter, insbesondere Mädchen, verbessern soll, die von der burundischen Flüchtlingskrise betroffen sind. Das Programm ist seit 2020 in Tansania und Burundi aktiv und wird durch die finanzielle Unterstützung der kanadischen Regierung über Global Affairs Canada ermöglicht.