Ein Mädchen aus Pakistan meistert Herausforderungen: ARFAANAs TRAum
Schulabschluss feiern IN KARATSCHI - Pakistan
Arfaana steht mit dem Rest ihrer Abschlussklasse auf dem zentralen Innenhof ihrer Schule. Sie strahlt vor Glück, als ihr das Abschlusszeugnis überreicht wird, das sie zum Besuch der High School berechtigt. Sie ist das erste Mitglied ihrer Familie, dem dies gelingt. Der Schulabschluss bringt sie ihrem Ziel, Ärztin zu werden, ein Stückchen näher.
Arfaana hat es weit gebracht, um heute hier in Karatschi zu sein. Ihre Familie stammt ursprünglich aus dem 700 Kilometer entfernten Quetta. Als Kind zog sie mit ihrer Familie von Quetta nach Karatschi. Ihr Vater hatte die Hoffnung, dort ein besseres Leben zu führen und seinem Pommes Frites Geschäft zu mehr Erfolg zu verhelfen. Der Umzug eröffnete Arfaana zwar neue Möglichkeiten, aber der Weg dorthin war nicht einfach.
Die ärmeren Viertel Quettas sind stark unterversorgt. Nur 47 % haben eine Schule. Aufgrund der geringen Schuldichte sind weder Arfaanas Eltern noch ihre älteren Geschwister zur Schule gegangen. Sie haben nie lesen gelernt. Eine ihrer älteren Schwestern schaffte es bis zur dritten Klasse, bevor sie die Schule abbrach, um zu heiraten. Arfaana träumte jedoch davon, in ihrer Ausbildung weiterzukommen als alle anderen ihrer Familie.
Als größte Stadt Pakistans bot ihr Karatschi diese Möglichkeit. Sie verfügt über ein besseres Schulangebot als ihre Heimatstatt Quetta. Jedoch werden viele Schulen aufgrund fehlender staatlicher Mittel privat betrieben. Arfaanas Familie musste das Geld für ihre Schulgebühren aufbringen.
„Alle Mädchen in meiner Familie sind entweder verheiratet oder sitzen zu Hause und sind noch nie zur Schule gegangen“, sagt Arfaana. „Ich habe meinen Vater gebeten, zur Schule gehen zu können. Er versprach mir, dass er mich bis zur fünften Klasse unterstützt.“
DIE HERAUSFORDERUNGEN eines Mädchens in Pakistan MEISTERN
Arfaana lernte so fleißig, wie sie nur konnte. Als sie in der fünften Klasse war, beeindruckten ihr Fleiß und ihre Leistungen ihren Vater derartig, dass er ihr erlaubte, weiter zur Schule zu gehen. Da sie jedoch so viel Zeit mit Lernen verbrachte, war sie nach wie vor sehr schüchtern und hatte Schwierigkeiten mit anderen in Kontakt zu treten. Arfaana fühlte sie sich trotz ihres Erfolgs unglücklich, ängstlich und unsicher.
„Wenn jemand etwas Gewöhnliches zu mir sagte, fing ich an zu weinen. Ich war nicht in der Lage, zu antworten oder ein Gespräch mit jemandem zu führen“, sagt sie.
Die Schule, die Arfaana in Karatschi besuchte, war Teil des GOAL-Programms von Right To Play. Mithilfe von Sport und spielbasierten Lernmethoden stärkt es das Selbstvertrauen und die Kommunikationsfähigkeit von Mädchen. GOAL bringt ihnen auch Kompetenzen im Finanzwesen bei, um ihre Unabhängigkeit zu stärken. Arfaana nahm regelmäßig an den Aktivitäten im Rahmen des Programms teil. Sport und die Interaktion mit Gleichaltrigen halfen ihr, aus sich herauszukommen und zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen.
„Als ich in die sechste Klasse kam und anfing, an Right To Play-Aktivitäten teilzunehmen, spürte ich eine Veränderung in mir. Ich hatte keine Angst mehr, meine Meinung zu sagen und vor anderen zu sprechen.“
Während Arfaana aufblühte, hatte ihr Vater mit einer Fußverletzung zu kämpfen, die ihn an der Arbeit hinderte. Sein Geschäft litt und Arfaanas Schulkosten begannen, die Familie zu belasten. Arfaanas schulische Zukunft war erneut in Gefahr.
„Ich dachte mir - das ist meine Chance, etwas auf die Beine zu stellen“, sagt sie. „Bei den Aktivitäten von Right To Play hatte ich Verhandlungsgeschick gelernt. Also überredete ich meinen Vater, Pommes Frites zu machen und sie mir in der Pause zu geben. So konnte ich seine Pommes Frites an meine Mitschüler:innen verkaufen und ihm mit einem zusätzlichen Verdienst helfen.“
„Das war meine Chance, etwas auf die Beine zu stellen. Wozu habe ich all diese Fähigkeiten erworben? Nicht um herumzusitzen, sondern um meiner Familie zu helfen.“ - Arfaana
DER TRAUM Eines Mädchens in Pakistan
Arfaanas Mutter erzählte ihr oft, wer in ihrer Familie unter mangelnder medizinischer Versorgung leiden musste oder verstarb. Daraufhin beschloss Arfaana, Ärztin zu werden, um Menschen zu helfen, die in ärmeren Vierteln ohne medizinische Versorgung leben.
Jedoch hielten es ihre Lehrer:innen in Karatschi wie auch in vielen anderen Orten für angemessener, dass Mädchen Kunst statt Naturwissenschaften studieren. Man sagte ihr, sie müsse sich für das eine oder das andere Fach entscheiden.
„In diesem Moment kam mir eine Right-To-Play-Aktivität in den Sinn, bei der es darum geht, die Herausforderungen anzunehmen, die auf einen zukommen. Denn das ist auch eine wichtige Fähigkeit, um Hindernisse in seinem Leben zu meistern.“
Arfaana begann, in ihrem naturwissenschaftlichen Kurs noch mehr zu lernen, um besser abzuschneiden als ihre Mitschüler:innen. „Ich bekam die besten Noten. Also hatten sie keine andere Wahl, als mich die naturwissenschaftlichen Fächer wählen zu lassen.“
Jetzt führt Arfaana nicht nur ihr Studium fort, sondern ermutigt auch ihre jüngeren Schwestern, die Schule zu beenden.
„Jedes Mädchen hat ein Recht auf Bildung. Wir sind nicht weniger wert als jeder andere Mensch.“