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STARK SEIN: CLAIRES GESCHICHTE

EINE SELBSTBEWUSSTE LEADERIN

Claire steht in einem Kreis von Mädchen und Jungen auf dem Hof ihrer Schule in Nord-Uganda. Sie ist eine der Leiterinnen des Jugendclubs der Schule, und die Clubmitglieder haben gerade ein Spiel beendet, bei dem die Mädchen die Gruppe abwechselnd durch Tänze führen, um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Nun leitet Claire eine Nachbesprechung an, bei der es darum geht, Stereotypen über die Führungsqualitäten von Mädchen in Frage zu stellen. Sie ermutigt die Mädchen, ihre Meinung zu sagen und sich Gehör zu verschaffen. Claire setzt sich leidenschaftlich für die Rechte von Mädchen ein, denn sie hat am eigenen Leib erfahren, was passiert, wenn sie nicht respektiert werden.

Als Claire 16 Jahre alt war, war sie ein ruhiges Mädchen, das auf der kleinen Farm ihrer Familie lebte. Claire war das vierte von sechs Geschwistern, und ihre Eltern kämpften darum, die Kosten für Claires Schulbesuch zu decken, und schafften es gerade so, sie in der Schule zu halten.

Einer von Claires älteren Brüdern führte ein kleines Geschäft in einer nahe gelegenen Siedlung und schlug ihr vor, bei ihm zu wohnen. Seine Frau war schwanger und konnte Hilfe im Haushalt gebrauchen. Als Gegenleistung für seine Hilfe bot er an, die Kosten für Claires Schulgeld und Schulmaterial zu übernehmen. Ihre Eltern stimmten zu, und Claire zog von zu Hause aus und begann ein arbeitsreiches Leben mit Hausarbeit und Schule.

GRUPPENZWANG BIRGT RISIKEN

Claire fühlte sich nach dem Umzug einsam. In der kurzen Zeit, die ihr zwischen Schule und Hausarbeit blieb, versuchte sie, sich mit ihren neuen Mitschülern anzufreunden. Leider handelte es sich bei den Freunden, die sie fand, um eine Gruppe von Mädchen im Teenageralter, die daran interessiert waren, mit älteren Jungen auszugehen, die Motorräder hatten und mit Geld um sich warfen. Sie ermutigten Claire, die Schule zu schwänzen, mit den Jungen auszugehen und zu feiern und kleine Geldgeschenke von ihnen anzunehmen. Die jungen Männer wiederum nutzten die Mädchen manchmal aus, indem sie ihnen Alkohol, Geschenke und Geld als Gegenleistung für Sex gaben. Die anderen Mädchen betrachteten dies als normales Verhalten, und auch Claire, die noch schüchtern und unsicher war, akzeptierte es als normal.

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Claire setzt sich als Jugendleiterin für die Gleichstellung der Geschlechter ein und will damit andere Mädchen davor schützen, die gleichen Verletzungen ihrer Rechte zu erleben wie sie selbst.

Die Situation führte zu einem tiefen Zerwürfnis innerhalb der Familie. Claire begann, bei Freunden zu übernachten, anstatt zum Haus ihres Bruders zurückzukehren, bis eines Nachts das Worst-Case-Szenario eintraf: als sie bei einem der älteren Jungen übernachtete, der ihr zuvor Geschenke gemacht hatte, verlangte er Sex, und als sie sich weigerte, kam es zum sexuellen Übergriff.

Das Trauma dieses Erlebnisses beeinträchtigte Claire zutiefst. Sie zog zurück in ihr Elternhaus, um von ihrem Vergewaltiger wegzukommen. Sie begann, sich in der Schule abzumühen und hatte Schwierigkeiten, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Dann erfuhr sie, dass sie schwanger war.

"Ich möchte meine lebensverändernde Geschichte nutzen, um anderen jungen Mädchen dabei zu helfen, Herausforderungen die ihre Ausbildung beeinträchtigen zu überwinden." Claire, 18

DIE HARTE WAHRHEIT SAGEN

Claire schämte sich und gab sich selbst die Schuld an dem, was passiert war. Ihre Freunde unterstützten sie nicht, und sie fürchtete, dass ihre Eltern von ihrer Schwangerschaft erfahren würden. Mit zunehmender Schwangerschaft schwänzte sie mehr und mehr den Unterricht. Schließlich verließ sie die Schule ganz.

"Ich brach die Schule ab, weil ich Angst vor meinen Lehrern und Mitschülern hatte. Selbst die Freunde, die mich beeinflusst hatten, grenzten mich aus und machten sich über mich lustig", sagt sie.

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In Jugendclubs werden Spiele und andere Aktivitäten eingesetzt, um die Rolle der Frau zu stärken und die Mädchen über ihre Rechte und deren Verteidigung aufzuklären.

Glücklicherweise hatte Claire an ihrer alten Schule an einem Right To Play-Jugendclub teilgenommen, der sich mit den Rechten von Kindern befasste. Der Lehrer, der den Club organisierte, war für die Risiken sensibilisiert, denen Mädchen im Teenageralter in der Gemeinde ausgesetzt sind. Als er bemerkte, dass Claire immer weniger am Unterricht teilnahm, vermittelte er ihr einen Kontakt zu einer Naturwissenschaftslehrerin an der Schule, der sie sich anvertrauen konnte.

Die Naturwissenschaftslehrerin half Claire, ihren Eltern von ihrer Schwangerschaft zu erzählen. Die Enthüllung war ein Schock für sie. "Mein Vater schickte mich von zu Hause weg und sagte, dass ich Unheil über die Familie brächte", erinnert sie sich.

"ICH WILL NICHT, DASS ANDERE MÄDCHEN DAS DURCHMACHEN, WAS ICH DURCHGEMACHT HABE." – CLAIRE

Claire und ihre Familie versöhnten sich schließlich, unterstützt von lokalen Right To Play-Freiwilligen, darunter die beiden Lehrer, die Claire unterstützt hatten, und Mitglieder des Schulausschusses, der sich mit Verletzungen der Rechte von Kindern befasst. Die Schaffung eines sicheren, unterstützenden Umfelds für Claire, in dem sie ihre Schwangerschaft fortsetzen konnte, und die Planung ihrer anschließenden Rückkehr in die Schule wurden für alle zur Priorität.

Währenddessen wurde der Vergewaltiger von Claire einem traditionellen Gerichtsverfahren unterzogen. Ihm wurde untersagt, sie jemals wieder zu sehen, er durfte das Kind nicht vor anderen als seins bezeichnen und wurde gezwungen, selbst wieder zur Schule zu gehen. Ihm wurde aufgetragen, über einen Mittelsmann Unterhalt an Claire zu zahlen, um jede Möglichkeit des Kontakts zwischen den beiden zu minimieren.

Mit der Zeit und mit der Unterstützung ihrer Lehrer und Eltern gelang es Claire, ihr Schamgefühl zu überwinden und ihre Selbstbestimmung wiederzuerlangen. Die Unterstützung, die sie erhielt, machte sie entschlossen, ihre Altersgenossen zu unterstützen.

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Claires Familie unterstützt ihren Traum, Lehrerin zu werden. Ihre Mutter passt auf Claires Sohn auf, während sie die Schule besucht.

VERTEIDIGUNG DER RECHTE VON MÄDCHEN

Einige Monate nach der Geburt ihres Sohnes konnte Claire dank der Unterstützung ihrer Mutter, die sich tagsüber um ihren Sohn kümmert, wieder zur Schule gehen. Sie freute sich, wieder zurück zu sein und sich wieder auf ihr Studium konzentrieren zu können. Claire hat beschlossen, Lehrerin für Naturwissenschaften zu werden, wie die Lehrerin, die ihr geholfen hat. "Sie ist mein Vorbild in Sachen Unterricht und Charakter in der Schule. Sie hat viel dazu beigetragen, damit ich meinen Schulabschluss nachholen kann", sagt Claire.

"ICH BIN MIR SICHER, DASS ICH UND MEIN KLEINER JUNGE EINE BESSERE ZUKUNFT HABEN WERDEN." – CLAIRE

Mittlerweile ist Claire wieder in den Jugendclub ihrer Schule eingetreten und eine der Club-Leiterinnen geworden. Jetzt gibt sie ihre Erfahrungen an Mädchen und Jungen weiter, um ihnen beizubringen, wie sie Gruppenzwang widerstehen können, wie sie sich Hilfe holen können und welche Rechte sie haben. Ihre Familie ist stolz auf ihr Engagement, anderen zu helfen.

"Ich möchte meine lebensverändernde Geschichte nutzen, um anderen jungen Mädchen dabei zu helfen, Herausforderungen die ihre Ausbildung beeinträchtigen, zu überwinden. Ich möchte nicht, dass sie das durchmachen müssen, was ich durchgemacht habe. Als Lehrerin werde ich diese Möglichkeit haben", sagt Claire.